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Seien Sie skeptisch gegenรผber Ihrem Bauchgefรผhl.
Ein Motiv der Serie „Starke Impulse fรผr gute Patientenentscheidungen“.
Viele Menschen vertrauen ihrem Bauchgefรผhl. Dabei wissen wir spรคtestens seit Adam und Eva, dass man sich auf sein Bauchgefรผhl nicht unbedingt verlassen kann.
Zwei Wissenschaftler, die sich mit der Frage auseinandergesetzt haben, unter welchen Voraussetzungen man seinem Bauchgefรผhl vertrauen kann, sind der amerikanische Psychologe Gary Klein und Daniel Kahneman (ebenfalls amerikanischer Psychologe und Nobelpreistrรคger). In einer gemeinsamen Publikation haben sie drei Kriterien definiert:
- Eine verlรคssliche Umgebung,
- ein direktes Feedback auf Entscheidungen und
- die Gelegenheit fรผr jahrelange รbung.
Ein Schachspieler zum Beispiel kann sich nach zahlreichen Partien (Erfahrung) auf sein Bauchgefรผhl verlassen, denn seine Umgebung ist verlรคsslich (Ursachen und Wirkungen stehen beim Schachspiel in einem direkten Zusammenhang), und er kann durch unmittelbares Feedback auf seine Entscheidungen (Schachzรผge) lernen. Das Bauchgefรผhl braucht gelernte Muster, auf die es zugreifen kann.
Daraus folgt, dass niemand sagen kann, er kรถnne sich grundsรคtzlich auf sein Bauchgefรผhl verlassen. Was man sagen kann: Ich habe in diesem oder jenem Erfahrungsfeld schon so viele Entscheidungen getroffen, dass ich mich dort auf mein Bauchgefรผhl verlassen kann. Aber wie sieht das Erfahrungsfeld eines Patienten aus, der die Entscheidung trifft, das vom Arzt verschriebene Arzneimittel nicht einzunehmen? Wenn Sie Zweifel oder Bedenken im Zusammenhang mit dem Arzneimittel haben, das Ihnen verordnet wurde, vertrauen Sie nicht Ihrem Bauchgefรผhl, sondern sprechen Sie Ihren Arzt an.

Wenn Sie mehr รผber das Bauchgefรผhl erfahren wollen, lesen Sie Susannes Geschichte.
Anmerkung: Susanne wollte ihr Foto nicht verรถffentlichen, deshalb ist das Bild ein Platzhalter.
Autor: Peter Jungblut

Wenn Sie Ihre Entscheidung analysieren lassen wollen, schicken mir gerne gerne eine E-Mail. Ich nehme Kontakt mit Ihnen auf.
Susannes Entscheidung
Die Diagnose war fรผr Susanne wie ein Schock. Sie war 39 Jahre alt. Ihr Onkologe empfahl ihr eine Operation mit anschlieรender Chemotherapie. Als Entscheidungshilfe suchte sie im Internet Kontakte zu Frauen, die in einer รคhnlichen Situation waren. Viele gingen den Weg, den auch ihr Onkologe ihr empfahl – mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen. Nachdem sie den Bericht einer Frau gelesen hatte, die die Methoden der Schulmedizin vehement ablehnte und รผber ihre guten Erfahrungen mit einem Heilpraktiker berichtete, recherchierte sie in dieser Richtung weiter und fand zahlreiche รคhnliche Berichte. Bei ihrem nรคchsten Arztbesuch teilte sie ihrem Onkologen ihre Entscheidung mit. Es gelang ihm nicht, sie umzustimmen. Als die Dame an der Anmeldung mit ihr den nรคchsten Termin abstimmen wollte, teilte Susanne auch ihr ihren Entschluss mit und meinte, sie brauche keinen neuen Termin. Die Dame an der Anmeldung machte sie auf das oben abgebildete Poster aufmerksam, das an der Rezeption der Praxis hing. Susanne meldete sich tatsรคchlich bei mir und hรถrte sich an, was ich zu ihrer Entscheidung zu sagen hatte.

Susannes Geschichte*
Ich war nach der Diagnose vรถllig neben der Spur. Nicht nur, weil es im ersten Moment wie ein Todesurteil klang, sondern weil ich auch die Bilder von Frauen vor Augen hatte, die eine Chemotherapie รผber sich ergehen lieรen. Im Internet hat mir jemand einen Heilpraktiker empfohlen, der auf die Behandlung von Brustkrebs spezialisiert ist. Nachdem ich bei ihm war, fรผhlte ich mich wie neugeboren. Er hat mir sehr viel Mut gemacht. Ich habe ihm von meinem Onkologen erzรคhlt und berichtet, dass er mir dringend eine Operation mit anschlieรender Chemotherapie empfahl. Der Heilpraktiker meinte daraufhin, ich solle einfach meinem Bauchgefรผhl folgen*.
* Mit dem Begriff „Geschichte“ fasse ich zusammen, wie ein Interviewpartner seine Entscheidung begrรผndet. Warum das fรผr die Analyse der Entscheidung wichtig ist, wie die Geschichte entsteht und wie aus einer Geschichte eine Entscheidung wird, erfahren Sie hier ->.
Bauchgefรผhl – was ist das รผberhaupt?
Der Einsatzleiter der Feuerwehr fรผhrte seine Crew in ein brennendes Haus. Der Brandherd schien sich im hinteren Teil des Hauses zu befinden. Also richtete die Crew ihren Wasserstrahl auf diesen Bereich. Allerdings hatte das nicht die erwartete Wirkung. Der Einsatzleiter bemerkte, dass es im Haus zunehmend heiรer und stiller wurde. Er befahl seinen Leuten, das Haus sofort zu verlassen. Keine Minute spรคter stรผrzte der Boden ein. Das Feuer befand sich im Keller. Was Sie gerade gelesen haben, war die Beschreibung eines โEntscheidungspunktesโ im Rahmen von 32 Feuerwehreinsรคtzen, die der amerikanische Psychologe Gary Klein und sein Team analysierten. Ziel der Interviews mit 26 Einsatzleitern war es, herauszufinden, wie sie Entscheidungen auf einer sehr dรผnnen Informationsbasis treffen und welche Rolle dabei die Intuition spielt [1].
Was Klein und sein Team im Rahmen der Studie herausfanden, war im Grunde nichts Neues. Ich will es mit den Worten des amerikanischen Sozialwissenschaftlers und Nobelpreistrรคgers Herbert A. Simon beschreiben, der schon viele Jahre zuvor schrieb [2]:
Die Situation liefert einen Hinweisreiz (Cue); dieser Hinweisreiz gibt dem Experten Zugang zu Informationen, die im Gedรคchtnis gespeichert sind, und diese Informationen geben ihm die Antwort. Intuition ist nicht mehr und nicht weniger als Wiedererkennen.
Zu den bekanntesten Psychologen im deutschsprachigen Raum, die sich mit der Frage beschรคftigt haben, was Bauchentscheidungen sind, gehรถren Gerd Gigerenzer und Wolfgang Gaissmaier. Bei ihnen kann man dazu folgendes lesen [3]:
Wir verwenden den Begriff Intuition fรผr Urteile, die schnell sind, deren Mechanismen eventuell bewusstseinsfรคhig, keineswegs aber bewusstseinspflichtig sind, und die dennoch stark genug sind, um zu handeln. Unseres Erachtens lassen sich Intuitionen mit schnellen und einfachen Heuristiken beschreiben.
Heuristiken sind im Grunde nichts anderes als das, was Herbert A. Simon โWiedererkennungโ nennt. Sie entwickeln sich durch die Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens machen. Heuristiken ermรถglichen uns, hinreichend gute Entscheidungen auf Basis einer lรผckenhaften Informationsbasis zu treffen. Die Abbildung zeigt, was damit gemeint ist.
Entscheidungen basieren auf Informationen. Die Gesamtheit der Informationen, die fรผr eine Entscheidung relevant sind, werden durch die Puzzleteile reprรคsentiert (siehe Abbildung). Das Puzzle ist aber nicht vollstรคndig. Es fehlen Puzzleteile. Man kann die fehlenden Teile in 3 Kategorien einteilen:
- Informationen zu denen wir keinen Zugang haben,
- Informationen, die wir nicht beschaffen kรถnnen oder wollen,
- Informationen, von denen wir gar nicht wissen, dass es sie gibt.
Aber selbst von den Informationen, die wir haben, berรผcksichtigen wir nicht alle bei unserer Entscheidung. Die Entscheidungsforschung nennt dafรผr zwei Hauptgrรผnde. Der eine ist, dass die Anzahl der Informationen, die unser Gehirn verarbeiten kann, begrenzt ist. Der andere Grund ist, dass wir dazu neigen, Informationen bewusst zu ignorieren, die im Widerspruch zu unseren Grundรผberzeugungen stehen.

Informationslรผcken und mangelnde kognitive Ressourcen, alle verfรผgbaren Informationen bei der Entscheidung zu berรผcksichtigen, sind also Rahmenbedingungen beim Treffen einer Entscheidung. Deshalb hat unser Gefรผhl oft einen starken Einfluss. Es ersetzt Wissen und das Denken.ย
Wann kann man sich auf sein Bauchgefรผhl verlassen?
In Bezug auf das Bauchgefรผhl gibt es in der Wissenschaft zwei gegensรคtzliche Standpunkte. Der eine wird als โHeuristics-and-Biases-Programโ bezeichnet. Der prominenteste Vertreter dieses Standpunktes ist der Nobelpreistrรคger Daniel Kahneman. Er hat vor allem die Urteilsfehler erforscht, denen Menschen auf den Leim gehen kรถnnen, wenn sie ihrem Bauchgefรผhl folgen.
Der andere Standpunkt wird als โNatural Decision Makingโ bezeichnet. Die naturalistische Entscheidungsforschung beschรคftigt sich mit der Frage, wie Menschen beim Entscheiden ihre Erfahrungen nutzen kรถnnen. Gary Klein, der Autor der Studie รผber das Entscheidungsverhalten von Einsatzleitern der Feuerwehr, ist einer der Pioniere auf diesem Forschungsgebiet. Eines seiner Hauptwerke ist das Buch โThe Power of Intuition – How to Use Your Gut Feelings to Make Better Decisions at Workโ.
Worin sich beide Wissenschaftler einig sind, ist, dass bestimmte Voraussetzungen erfรผllt sein mรผssen, damit man sich auf seine Intuition verlassen kann. Kahneman und Klein haben im Rahmen einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit drei Voraussetzungen formuliert, die ich im folgenden vorstellen will.
1. Eine hinreichend verlรคssliche Umgebung.
Als Standardmodell einer verlรคsslichen Umgebung gilt Schach. Schach folgt eindeutigen Regeln, und jeder Zug hat eine Ursache und eine Wirkung. Ursache und Wirkung stehen in einem direkten Zusammenhang. Eine wenig verlรคssliche Umgebung haben z. B. Fondsmanager. Die meisten gemanagten Aktienfonds schneiden schlechter ab als der Markt [4]. Das liegt einfach daran, dass zu viele unbekannte Faktoren den Kurs einer Aktie beeinflussen und der Zufall eine sehr groรe Rolle spielt. Wรผrden sich Fondsmanager bei der Entscheidung, welche Aktie sie kaufen oder verkaufen, einfach nur am Markt orientieren, wรคren sie erfolgreicher. Stattdessen analysieren sie eine Vielzahl von Informationen รผber die Unternehmen. Dabei unterliegen sie der Illusion, dass sie in der Lage sind, aus ihren Erkenntnissen eine verlรคssliche Prognose darรผber abzuleiten, wie sich eine Aktie entwickelt. Sie begehen den Fehler, eine unmรถglich zu beantwortende Frage durch eine einfach zu beantwortende, aber falsche Frage, zu ersetzen. Anstelle der Frage โwie entwickelt sich diese Aktie?โ, beantworten sie z. B. die Frage โwie fรคhig ist der CEO dieses Unternehmens?โ. Das hat zwar durchaus einen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens, aber nur bedingt darauf, wie sich eine Aktie entwickelt.

2. Ein mรถglichst direktes Feedback auf eine Aktion.
Auch dieses Kriterium kann man gut am Beispiel des Schachspiels erklรคren. Ein Schachspieler erhรคlt ein direktes Feedback, ob sein Zug die erwartete Wirkung hat. Fondsmanager haben dieses direkte Feedback nicht. Tagesaktuelle Kursschwankungen sind kein Hinweis darauf, ob eine Entscheidung richtig war. Deshalb wissen Fondsmanager erst nach einem lรคngeren Zeitraum, ob sie auf das richtige Pferd gesetzt haben.
3. Die Gelegenheit fรผr jahrelange รbung.
Die Intuition von Schachspielern wird im Laufe der Spieljahre immer verlรคsslicher. Bei Fondsmanagern fรผhrt eine langjรคhrige Erfahrung nicht zu einer hรถheren Treffergenauigkeit von Prognosen, weil sie einfach keine verlรคssliche Umgebung haben, in der man aus falschen Entscheidungen lehrreiche Rรผckschlรผsse ziehen kรถnnte. Der einzig mรถgliche Rรผckschluss ist, dass eine verlรคssliche Prognose unmรถglich ist.
Die Analyse von Susannes Entscheidung.
Der Heilpraktiker, den Susanne aufgesucht hat, hat ihr empfohlen, sich auf ihr Bauchgefรผhl zu verlassen. Im vorigen Abschnitt habe ich gezeigt, was das Bauchgefรผhl รผberhaupt ist und unter welchen Voraussetzungen man sich auf sein Bauchgefรผhl verlassen kann. Das Bauchgefรผhl ist kein Kompass, der einem Menschen in allen Lebenslagen den Weg zur richtigen Entscheidung zeigen kann. Der Kompass funktioniert auf unterschiedlichen Erfahrungsfeldern des Lebens unterschiedlich zuverlรคssig. Das heiรt ein erfahrener Schachspieler kann sich bei der Entscheidung seines nรคchsten Zuges auf sein Bauchgefรผhl verlassen, nicht aber, wenn er eine Aktie kaufen oder verkaufen will oder wenn er die Entscheidung treffen will, ob er der Therapieempfehlung seines Arztes folgen soll oder nicht.
Susanne ist von ihrem Heilpraktiker schlecht beraten, wenn er ihr empfiehlt, ihrem Bauchgefรผhl zu folgen. Denn auf welche Erfahrungen sollte Susannes Bauchgefรผhl zurรผckgreifen? Worauf Susannes Bauchgefรผhl basiert, sind nicht Erfahrungen, sondern Informationen, besser gesagt, die Interpretation von Informationen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung zusammengetragen hat.
Wie erwรคhnt, sind Bauchentscheidungen schnelle und einfache Heuristiken. Heuristiken zeichnen sich dadurch aus, dass man sie leicht erkennen kann, wenn jemand beschreibt, wie er eine Entscheidung getroffen hat, denn sie folgen klaren Regeln. Susanne sagte, die Entscheidung, ihren Brustkrebs von dem Heilpraktiker behandeln zu lassen „fรผhle sich einfach besser an als eine Chemotherapie“. Das lรคsst auf die sogenannte Affektheuristik schlieรen.
Heuristiken im Alltag gute Werkzeuge um Entscheidungen zu treffen. Die Entscheidung, wie man eine Brustkrebserkrankung behandeln lassen sollte, ist alles andere als eine Alltagsentscheidung. In Umgebungen, wo uns die Erfahrung fehlt, kรถnnen uns Heuristiken deshalb leicht auf den Holzweg fรผhren.
Die Affektheuristik ist vor allem dann im Spiel, wenn risikobehaftete Themen im Spiel sind.

Der amerikanische Psychologe Paul Slovic gilt als einer der fรผhrenden Forscher auf dem Gebiet der Risikowahrnehmung. In einer seiner wichtigsten Studien bat er Probanden, ihre emotionale Grundeinstellung zu risikobehafteten Themen zu รคuรern, etwa zu den Themen โKonservierungsmittel in Lebensmittelnโ oder โdie Arbeit von Chemiefabrikenโ. Menschen, die eine negative Grundeinstellung zu einer Technologie hatten, listeten mehr Risiko- als Nutzenaspekte auf – und umgekehrt [5].
Der Idee von Slovics Studie folgend, habe ich Susanne im Rahmen unseres Gesprรคches gebeten, Argumente fรผr und gegen die schulmedizinische Therapie ihrer Krebserkrankung aufzulisten. Erwartungsgemรคร fielen ihr wesentlich mehr Risiko- als Nutzenaspekte ein. Der Grund dafรผr liegt nicht darin, dass es tatsรคchlich mehr Argumente gegen die schulmedizinische Behandlung gibt als dafรผr, sondern er liegt in Susannes Grundeinstellung zur Schulmedizin.
Deshalb tat Susanne bei ihren Recherchen das, was die meisten Menschen tun: Sie suchen vornehmlich nach Informationen, die ihre Grundeinstellung bestรคtigen. Das Phรคnomen wird in der Entscheidungsforschung als โSelbstbestรคtigungsfalleโ beschrieben.
Die Selbstbestรคtigungsfalle gehรถrt zu einer Gruppe von systematischen Fehlern beim Wahrnehmen, Urteilen und Erinnern. Ich gehe darauf im Zusammenhang mit Renates Geschichte ausfรผhrlich ein.

Wie die Selbstbestรคtigungsfalle im Zusammenhang mit risikobehafteten Themen wirkt, zeigt der zweite Teil von Slovics Studie. Wรคhrend den Probanden im ersten Teil einfach nur die Technologien genannt wurden, wurden sie im zweiten Teil mit Kommentaren versehen: Das Ergebnis: Eine starke Betonung der Risiken fรผhrte dazu, dass die Teilnehmenden die Risiken noch hรถher einschรคtzten und den Nutzen noch geringer bewerteten (Waage rechts).
Spรคtestens seit Slovics Verรถffentlichungen wissen wir, dass Menschen die Chancen und Risiken von Technologien nicht objektiv einschรคtzen. Meine Gesprรคche mit Patienten haben immer wieder gezeigt: Je negativer die Grundeinstellung eines Patienten Arzneimitteln gegenรผber ist, umso grรถรer schรคtzt er die Risiken des Arzneimittels ein und umso geringer erscheint ihm das Risiko, das Arzneimittel nicht einzunehmen.

Die Selbstbestรคtigungsfalle wirkt wie die Kommentare der Versuchsleiter in Slovics Studie. Susanne hat im Rahmen ihrer Recherchen im Grunde nur die Informationen an sich herangelassen, die das hohe Risiko einer schulmedizinischen Behandlung betonen und damit ihre Grundeinstellung selbst verstรคrkt. Informationen, die das Risiko einer Behandlung jenseits der Schulmedizin beleuchten, hat sie erst gar nicht gesucht, bzw. ignoriert.
Ich kann, will und darf Susanne nicht empfehlen, wie sie ihre Erkrankung behandeln lรคsst. Die Entscheidung kann nur sie selbst treffen. Ich hoffe allerdings, dass ich ihr einige Impulse geben konnte, eine mรถglichst gute Entscheidung zu treffen.
Zusammenfassung
Bei Susanne wurde Brustkrebs diagnostiziert. Ihr Onkologe empfahl ihr eine Operation mit anschlieรender Chemotherapie. Im Rahmen ihrer Recherchen im Internet lernte sie einen Heilpraktiker kennen, der auf die Behandlung von Brustkrebs spezialisiert war. Der empfahl ihr, ihrem Bauchgefรผhl zu folgen und auf die Selbstheilungskrรคfte ihres Kรถrpers zu vertrauen.
Die entscheidende Frage ist, ob das Bauchgefรผhl bei einer solchen Entscheidung ein guter Ratgeber ist. Wissenschaftler, die sich mit der Frage beschรคftigen, was das Bauchgefรผhl รผberhaupt ist, sagen, das Bauchgefรผhl sei kein Kompass, der einem Menschen in allen Lebenslagen den Weg zur richtigen Entscheidung zeigen kann. Der Kompass funktioniert auf unterschiedlichen Erfahrungsfeldern des Lebens unterschiedlich zuverlรคssig. Das heiรt ein erfahrener Schachspieler kann sich bei der Entscheidung seines nรคchsten Zuges auf sein Bauchgefรผhl verlassen, nicht aber, wenn er eine Aktie kaufen oder verkaufen will oder wenn er die Entscheidung treffen will, ob er der Therapieempfehlung seines Arztes folgen soll oder nicht.
Das Bauchgefรผhl ist, wenn รผberhaupt, nur dann ein guter Ratgeber fรผr Entscheidungen, wenn es auf Erfahrungen basiert. Susannes Bauchgefรผhl speiste sich aus Informationen. Experten sprechen in solchen Fรคllen von โemotionaler Beweisfรผhrungโ. Eine Entscheidung fรผhlt sich gut an, also ist sie richtig – oder sie fรผhlt sich nicht gut an, also ist sie falsch.
Susanne ist bei ihrer Entscheidung nicht gut beraten, ihrem Bauchgefรผhl zu vertrauen.
Quellen:
[1] Klein, G., Calderwood, R., Clinton-Cirocco, A.: โRapid Decision Making on the Fire Ground: The Original Study Plus a Postscriptโ, Journal of Cognitive Engineering and Decision Making
[2] Simon, H. A.: โRational choice and the structure of environmentsโ, Psychological Review
[3] Gigerenzer Gerd, Gaissmaier Wokfgang:โWie funktioniert Intuition?โ in: Evolutionรคre Sozialpsychologie und automatische Prozesse (pp.31โ49), Publisher: Lengerich: PabstEditors: Erich H. Witte, 2006
[4] https://www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article201675104/Affen-schlagen-beinahe-jeden-Fondsmanager.html
[5] Slovic, P., Finucane, M., Peters, E. MacGregor, D.: โRisk as analysis and risk as feelings: some thoughts about affect, reason, risk, and rationalityโ, Risk analysis: An official publication of the Society for Risk Analysis
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