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Bremsen Sie sich nicht aus auf dem Weg zu
Ihrem Ziel.
Ein Motiv der Serie „Starke Impulse fรผr gute Patientenentscheidungen“.
Jeder kennt in seinem Umfeld Menschen, die sich โselbst ausbremsenโ. Sie haben ein Ziel vor Augen und sind scheinbar auf einem guten Weg. Doch plรถtzlich treffen sie eine Entscheidung, die sie aus der Bahn wirft, und niemand kann nachvollziehen, warum sie diese Entscheidung getroffen haben.
Dieses Phรคnomen findet man auch hรคufig bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen. Deren Ziel ist z. B., dass ihre Erkrankung ihr Leben mรถglichst wenig beeintrรคchtigt oder die Vorbeugung von Komplikationen oder Folgeschรคden. Dennoch bremsen sich viele dieser Patienten selbst aus, indem sie irgendwann das vom Arzt verschriebene Medikament nicht mehr so konsequent wie frรผher einnehmen oder sogar absetzen.
Wenn Sie sich fragen, ob es sinnvoll ist, ein verschriebenes Medikament weiterhin einzunehmen, beantworten Sie sich diese Frage nicht selbst, sondern sprechen Sie Ihren Arzt an.

Hermann hat seinen Arzt nicht angesprochen und das Medikament, das ihn vor einem Schlaganfall schรผtzen sollte, einfach abgesetzt. Er hat mich kontaktiert, als er dieses Poster in der Klinik gesehen hat, in die er wegen seines Schlaganfalls eingeliefert wurde.
Anmerkung: Hermann wollte sein Foto nicht verรถffentlichen, deshalb ist das Bild ein Platzhalter.
Autor: Peter Jungblut

Wenn Sie Ihre Entscheidung analysieren lassen wollen, schicken mir gerne gerne eine E-Mail. Ich nehme Kontakt mit Ihnen auf.
Hermanns Entscheidung
Hermann hat seit mehreren Jahren einen Diabetes mellitus. Anfangs versuchte er, die Erkrankung durch eine Umstellung seiner Ernรคhrung und mit Sport in den Griff zu bekommen. Nachdem er einsah, dass das nicht zum gewรผnschten Erfolg fรผhrte, war er bereit, ein Medikament zur Regulierung seines Blutzuckerspiegels einzunehmen. Vor knapp zwei Jahren kam ein Herzproblem hinzu. Er bemerkte, dass sein Herz zeitweise immer mal schneller und unregelmรครig schlug, obwohl er dafรผr keine Ursache erkennen konnte. Sein Arzt meinte, dass sein โnatรผrlicher Herzschrittmacherโ manchmal aus dem Takt komme. Das sei nicht weiter schlimm, mรผsse aber beobachtet werden. Allerdings wรผrde sich dadurch sein Schlaganfallrisiko erhรถhen. Deshalb verschrieb ihm sein Arzt ein Arzneimittel, das ihn vor einem Schlaganfall schรผtzen sollte. Vor einigen Wochen setzte er das Arzneimittel ohne Rรผcksprache mit dem Arzt ab. Kurze Zeit spรคter erlitt er tatsรคchlich einen Schlaganfall.

Hermanns Geschichte*
Ich nehme nicht gerne Arzneimittel. Deshalb habe ich versucht, meinen Diabetes durch eine gesรผndere Ernรคhrung und Sport in den Griff zu bekommen. Aber ich musste einsehen, dass ich die Umstellung meines Lebensstils nicht konsequent durchhalten konnte und habe zรคhneknirschend das Medikament genommen, das der Arzt mir verschrieben hat. Sie kรถnnen sich vorstellen, wie ich mich gefรผhlt habe, als ich dann auch noch ein Arzneimittel gegen einen Schlaganfall nehmen sollte. Aber mein Vater hatte einen Schlaganfall. Ein solches Desaster wollte ich mir unbedingt ersparen – auch wenn mich der Beipackzettel des Arzneimittels nicht gerade begeistert hat.
Mit der Zeit geriet mein natรผrlicher Herzschrittmacher immer seltener aus dem Takt. Trotzdem habe ich das Medikament weiter genommen. Allerdings habe ich es รถfter mal vergessen einzunehmen. Kรผrzlich war ich im Urlaub und habe das Medikament zuhause liegen lassen. Nach dem Urlaub habe ich es dann ganz weggelassen. Ich habe das Risiko, tatsรคchlich einen Schlaganfall zu bekommen, nicht mehr ernst genommen. Das war wohl ein groรer Fehler.
* Mit dem Begriff „Geschichte“ fasse ich zusammen, wie ein Interviewpartner seine Entscheidung begrรผndet. Warum das fรผr die Analyse der Entscheidung wichtig ist, wie die Geschichte entsteht und wie aus einer Geschichte eine Entscheidung wird, erfahren Sie hier ->.
Die Analyse von Hermanns Entscheidung (Zusammenfassung)
Bei Hermann ging es um zwei Entscheidungen. Die erste Entscheidung war zum Zeitpunkt, als er die Diagnose erfuhr: Soll ich das Arzneimittel einnehmen, das mich vor einem Schlaganfall schรผtzen soll? Die zweite war knapp zwei Jahre spรคter: Soll ich das Arzneimittel weiterhin einnehmen oder lieber wieder absetzen?
Bei der Analyse von Hermanns Entscheidung ist seine negative Grundeinstellung Arzneimitteln gegenรผber zu berรผcksichtigen. Deshalb waren beide Entscheidungen fรผr Hermann sogenannte โgemischteโ Entscheidungen. Gemischte Entscheidungen sind Entscheidungen, die aus der Perspektive der Entscheider richtig oder falsch sein kรถnnen, weil die Konsequenz sowohl ein Gewinn als auch ein Verlust sein kann. Ohne das Hermann es selbst so sagen wรผrde: Im Zusammenhang mit Arzneimitteln kann man die mรถglichen Wirkungen eines Arzneimittels als Gewinn, die mรถglichen Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen als Verlust verstehen oder empfinden.
Ein Modell zur Erklรคrung von Hermanns Entscheidung ist die Prospect-Theorie. Eine ihrer zentralen Komponenten ist die Verlustaversion. Demnach treffen wir eine Entscheidung fรผr eine Aktie oder die Einnahme eines Arzneimittels, wenn wir einschรคtzen, dass der mรถgliche Gewinn mindestens doppelt so hoch ist, wie der drohende Verlust.
Bei Hermann war das der Fall zu dem Zeitpunkt als er die Diagnose erhalten hat. Aufgrund seiner kritischen Einstellung Arzneimitteln gegenรผber hat er das Risiko des Arzneimittels zwar hoch eingeschรคtzt, die Sorge vor dem Schlaganfall fรผhrte jedoch dazu, dass er den Nutzen des Arzneimittels erheblich hรถher gewichtete. Im Laufe der Therapie verblasste diese Sorge jedoch von Monat zu Monat. Hermanns โFramingโ รคnderte sich von Hoffnung auf Sorge, von Wirkung auf Schaden in Bezug auf das Arzneimittel. Das Verhรคltnis der Einschรคtzung von mรถglichem Gewinn zu drohendem Verlust verรคnderte sich. Als sich der erwartete Gewinn (Nutzen) und der mรถgliche Verlust (Schaden) nur noch die Waage hielten (der erwartete Gewinn nicht mehr doppelt so hoch, wie der drohende Verlust war), setzte Hermann das Arzneimittel ab.
Was Sie รผber gemischte Entscheidungen wissen sollen.
Bei unserem Treffen habe ich Hermann gefragt, ob er sich bei seiner Entscheidung des Risikos, dass er mit dem Absetzen des Medikamentes einging, nicht bewusst gewesen sei. Das Risiko sei ihm schon noch bewusst gewesen, aber er habe es viel geringer eingeschรคtzt, als in dem Moment, wo ihm der Arzt das Medikament erstmals verschrieben habe. In der Zeit bevor er das Medikament abgesetzt hat, ging ihm immer mehr durch den Kopf, dass ja auch die Einnahme des Medikamentes ein gewisses Risiko bedeutet. Hermann spรผrte zwar keine Nebenwirkungen, war allerdings der รberzeugung, dass Medikamente auch langfristige Schรคden anrichten kรถnnen.
Die Entscheidung, ob man ein Arzneimittel einnimmt oder nicht, gehรถrt zu der Kategorie der sogenannten โgemischten Entscheidungenโ. Wenn Sie eine Aktie kaufen, kaufen Sie sie in der Erwartung, dass der Kurs steigt. Aber selbst wenn alle Analysten die Meinung vertreten, dass die Aktie steigt, kรถnnen Sie nicht sicher sein, dass das tatsรคchlich der Fall ist. Diese Unsicherheit ist eines der Merkmale von gemischten Entscheidungen. Das zweite Merkmal ist eine Folge des ersten: Bei einer gemischten Entscheidung kรถnnen Sie etwas gewinnen, aber auch etwas verlieren – der Aktienkurs kann steigen, aber auch fallen.
Das Wissen um gemischte Entscheidungen verdanken wir vor allem den Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky. Sie haben gemeinsam die sogenannte Prospect-Theorie entwickelt, die das Verhalten von Menschen bei gemischten Entscheidungen erklรคrt. Die Prospect-Theorie revolutionierte das Verstรคndnis von der Art und Weise, wie Menschen Entscheidungen treffen. Kahneman hat fรผr seine Forschung darรผber im Jahr 2002 den Nobelpreis erhalten (Amos Tversky war zu diesem Zeitpunkt leider schon verstorben).
Beide Wissenschaftler legen Wert darauf, dass sich ihr Modell nicht nur auf รถkonomische Entscheidungen, wie z. B. den Kauf oder den Verkauf von Aktien anwenden lรคsst, sondern auf nahezu alle Lebensbereiche, wo es bei einer Entscheidung etwas zu gewinnen oder zu verlieren gibt. Die Tabelle zeigt einige Beispiele fรผr gemischte Entscheidungen.

Die Analyse von Hermanns Entscheidung (ausfรผhrlich)
Wie bereits erwรคhnt, hat Hermann Arzneimitteln gegenรผber eine eher negative Grundeinstellung. Diese Einstellung haben รผbrigens groรe Teile der Bevรถlkerung in Mitteleuropa. In Deutschland liegt der Anteil der Befragten, die versuchen die Einnahme von Arzneimitteln immer zu vermeiden, bei 42%, in Frankreich gar bei 45% [1].
Die Prospect-Theorie bietet in Kombination mit dem sogenannten โHealth Belief Modellโ einen guten Ansatz, die Entscheidungen zu erklรคren, die Hermann im Laufe seiner Therapie getroffen hat: Die Entscheidung, das Arzneimittel zur Vermeidung des Schlaganfalls einzunehmen, als er von dem erhรถhten Risiko erfahren hat und die Entscheidung, das Arzneimittel abzusetzen, knapp zwei Jahre spรคter.
Das Health Belief Modell wird zur Analyse und zur Vorhersage des Verhaltens eines Menschen in Bezug auf seine Gesundheit verwendet. Die Entwicklung dieses Modells geht auf die amerikanischen Psychologen Becker und Rosenstein zurรผck. Demnach hรคngt das Verhalten von zwei Faktoren ab:
- vom persรถnlichen Wert, den das Erreichen eines bestimmten Ziels fรผr den Entscheider hat und
- der von ihm erwarteten Wahrscheinlichkeit, dieses Ziel durch eine bestimmte Handlung zu erreichen.
Zu jedem Zeitpunkt der Therapie hatte Hermann das Ziel, einen Schlaganfall zu vermeiden. Dieses Ziel hatte fรผr ihn einen hohen Wert. Die โbestimmteโ Handlung, um dieses Ziel zu erreichen, war die Einnahme des Arzneimittels, das ihm sein Arzt verschrieben hat.

Um Hermanns Verhalten zu verstehen, mรผssen wir sehen, dass wir keine Handlung vornehmen, ohne vorher eine Entscheidung getroffen zu haben. Einem Patienten, der im Vergleich zu Hermann eine weniger kritische Grundeinstellung gegenรผber Arzneimitteln hat, mag es gar nicht bewusst sein, dass er, bevor er das Arzneimittel einnimmt, die Entscheidung trifft, das zu tun.
Zumindest ist ihm nicht bewusst, dass es sich um eine โgemischte Entscheidungโ handelt. Aber Hermann wusste, dass er mit der Einnahme des Arzneimittels etwas zu gewinnen hatte, aber auch etwas hรคtte verlieren kรถnnen. Aus der Perspektive der Prospect-Theorie kann man die Wirkung eines Arzneimittels als mรถglichen Gewinn, die Nebenwirkungen und Langzeitfolgen als mรถglichen Verlust betrachten. Die Prospect-Theorie sagt, dass Menschen bei gemischten Entscheidungen bereit sind, das Risiko eines Verlustes einzugehen, wenn der Gewinn, den sie erwarten (sich erhoffen), mindestens doppelt so hoch ist, wie der mรถgliche Verlust.
Letztendlich entschied sich Hermann fรผr die Einnahme des Arzneimittels, weil der Schutz vor dem Schlaganfall fรผr ihn ein hรถheres Gewicht hatte, als die mรถglichen negativen Folgen des Arzneimittels. In der Abbildung wird das durch die Gewichte reprรคsentiert. Das Gewicht auf der Seite โSchutz vor Schlaganfallโ ist mehr als doppelt so schwer, wie das Gewicht auf der anderen Waagschale (entsprechend Hermanns subjektiver Einschรคtzung).
Eine zentrale Rolle bei dieser Einschรคtzung spielt der Zeitpunkt. Hermann hatte gerade erfahren, dass sich sein Schlaganfallrisiko durch die Stรถrung seines โnatรผrlichen Herzschrittmachersโ stark erhรถht hat. Die Prospect-Theorie bezeichnet die Perspektive, aus der Gewinne und Verluste bewertet werden, als โReferenzpunktโ. In der Abbildung bezeichne ich diesen Referenzpunkt als โR1โ.
Man kann eine Situation von verschiedenen Referenzpunkten betrachten, und eine Entscheidung kann, je nach Referenzpunkt, ganz anders ausfallen.

Ich will das am Beispiel der Entscheidung eines Kleinanlegers erklรคren. Nehmen wir an, er hat eine Aktie zum Zeitpunkt A zum Kurs von 100 Euro gekauft. Anschlieรend steigt der Kurs auf 120 Euro (B). Er verkauft die Aktie nicht und wartet ab, wie sich der Kurs entwickelt. Nehmen wir an, der Kurs fรคllt wieder und liegt zum Zeitpunkt C bei 110 Euro. Nehmen wir weiterhin an, die Prognosen der Analysten sind widersprรผchlich.
Ob ein Kleinanleger die Aktie weiter hรคlt oder verkauft, hรคngt von seinem Referenzpunkt ab. Liegt sein Referenzpunkt bei 100 Euro (R1), wird er den Kurs zum Zeitpunkt C als Gewinn werten, vom Referenzpunkt B (R2) aus betrachtet, wird ein Verlust von 10 Euro sein Gefรผhl dominieren.

Die Prospect-Theorie gilt tatsรคchlich als Standardmodell, um das Verhalten von Kleinanlegern zu prognostizieren oder zu erklรคren. Eine ihrer zentralen Komponenten ist die Verlustaversion. Dieses psychologische Phรคnomen fรผhrt dazu, dass die meisten Kleinanleger zum Zeitpunkt C einen Verlust von 10 Euro auf ihrem emotionalen Konto verbuchen und die Aktie aus Sorge vor weiteren Verlusten verkaufen.
Wie bereits erwรคhnt, erklรคrt die Prospect-Therorie nicht nur das Verhalten von Menschen bei รถkonomischen Entscheidungen. Sie kann fรผr alle Entscheidungen herangezogen werden, bei denen es gleichermaรen etwas zu gewinnen und etwas zu verlieren gibt.

Hermanns Entscheidung, das Arzneimittel knapp zwei Jahre nach Beginn der Therapie abzusetzen, kann mit der Verschiebung seines Referenzpunktes von R1 nach R2 erklรคrt werden. Sein erster Referenzpunkt (R1) war, als er von dem erhรถhten Schlaganfallrisiko erfahren hatte. Seine Sorge vor einem Schlaganfall war zu diesem Zeitpunkt sehr groร. Deshalb hat er das Arzneimittel, das ihn vor dem Schlaganfall schรผtzen sollte, als Gewinn bewertet. Zwar waren ihm auch die Risiken bewusst, aber er hat die erhoffte Wirkung erheblich hรถher gewichtet.
Wie bereits erwรคhnt, sagt die Prospect-Theorie mit der Verlustaversion, dass wir ein Verlustrisiko dann in Kauf nehmen, wenn wir die Gewinnchance mindestens doppelt so hoch einschรคtzen wie den mรถglichen Verlust. Die Grรถรe der Gewichte im Referenzpunkt 1 (R1) drรผckt Hermanns subjektive Einschรคtzung aus, die zu der Entscheidung fรผhrte, das Medikament einzunehmen. Diese Einschรคtzung รคnderte sich im Lauf der Zeit.

Der Framing-Effekt
Um Hermanns Entscheidung im Referenzpunkt 2 nachvollziehen zu kรถnnen, mรผssen wir uns noch etwas genauer mit dem Prozesses des Abwiegens von Nutzen und Risiko auseinandersetzen. Hermann beantwortete sich beim Abwiegen zwei Fragen:
- Welchen Nutzen hat das Arzneimittel (wie gut schรผtzt es mich vor dem mรถglichen Schlaganfall)?
- Welchen Schaden richtet das Arzneimittel an (welche Nebenwirkungen und Langzeitrisiken habe ich zu erwarten)?
Im Referenzpunkt 1 stand der mรถgliche Nutzen absolut im Vordergrund. Aber mit jedem Monat unter der Therapie wurde die Frage nach den mรถglichen Schรคden lauter. Damit verรคnderten sich der Referenzpunkt und Gewichte. Die rechte Waage in der Abbildung oben zeigt die Gewichtung von Gewinn und Verlust zum Referenzpunkt 2. Die Gewichte sind gleich schwer. Die Anzeige der Waage zeigt auf Verlust. Denn, wie bereits erwรคhnt, muss laut Prospect-Theorie der erwartete Gewinn mindestens doppelt so hoch sein, damit wir bereit sind, das Risiko eines Verlustes in Kauf zu nehmen. Die Bewertung der Einnahme des Arzneimittels als Verlust im Referenzpunkt R2, war Hermanns Grundlage, das Arzneimittel abzusetzen.
Der Weg zu dieser Entscheidung war ein Prozess. Hermann erklรคrt das so:

Mit der Zeit geriet mein natรผrlicher Herzschrittmacher immer seltener aus dem Takt. Trotzdem habe ich das Medikament weiter genommen. Allerdings habe ich es รถfter mal vergessen einzunehmen. Ich habe das Risiko, tatsรคchlich einen Schlaganfall zu bekommen, nicht mehr ernst genommen.
Die Antwort auf die Frage, welchen Einfluss die รnderung der Fragestellung auf die Entscheidung hatte, das Arzneimittel abzusetzen, gibt der sogenannte Framing-Effekt. Er gehรถrt, zu einer Gruppe von Fehlern beim Wahrnehmen, Beurteilen und Entscheiden.
Durch den Wechsel der Problemdarstellung („Arzneimittel wirken“ in Richtung „Arzneimittel haben Langzeitfolgen“) wird eine andere mentale Reprรคsentation des Problems erzeugt. Dies hat zur Folge, dass unterschiedliche Referenzpunkte gesetzt werden Laut Framing-Effekt kann die Frage โWelchen Schaden richtet das Arzneimittel anโ zu einer anderen Entscheidung fรผhren, als wenn die Frage โWelchen Nutzen hat das Arzneimittelโ im Vordergrund steht.
Der Schlรผssel zur richtigen Entscheidung liegt letztendlich in der subjektiven Bewertung von Gewinnen und Verlusten. Hermanns Arzt ist gut beraten, diese Einschรคtzung bei jedem Gesprรคch mit Hermann nachzujustieren.

Zusammenfassung (Wiederholung)
Bei Hermann ging es um zwei Entscheidungen. Die erste Entscheidung war zum Zeitpunkt, als er die Diagnose erfuhr: Soll ich das Arzneimittel einnehmen, das mich vor einem Schlaganfall schรผtzen soll? Die zweite war knapp zwei Jahre spรคter: Soll ich das Arzneimittel weiterhin einnehmen oder lieber wieder absetzen?
Bei der Analyse von Hermanns Entscheidung ist seine negative Grundeinstellung Arzneimitteln gegenรผber zu berรผcksichtigen. Deshalb waren beide Entscheidungen fรผr Hermann sogenannte โgemischteโ Entscheidungen. Gemischte Entscheidungen sind Entscheidungen, die aus der Perspektive der Entscheider richtig oder falsch sein kรถnnen, weil die Konsequenz sowohl ein Gewinn als auch ein Verlust sein kann. Ohne das Hermann es selbst so sagen wรผrde: Im Zusammenhang mit Arzneimitteln kann man die mรถglichen Wirkungen eines Arzneimittels als Gewinn, die mรถglichen Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen als Verlust verstehen oder empfinden.
Ein Modell zur Erklรคrung von Hermanns Entscheidung ist die Prospect-Theorie. Eine ihrer zentralen Komponenten ist die Verlustaversion. Demnach treffen wir eine Entscheidung fรผr eine Aktie oder die Einnahme eines Arzneimittels, wenn wir einschรคtzen, dass der mรถgliche Gewinn mindestens doppelt so hoch ist, wie der drohende Verlust.
Bei Hermann war das der Fall zu dem Zeitpunkt als er die Diagnose erhalten hat. Aufgrund seiner kritischen Einstellung Arzneimitteln gegenรผber hat er das Risiko des Arzneimittels zwar hoch eingeschรคtzt, die Sorge vor dem Schlaganfall fรผhrte jedoch dazu, dass er den Nutzen des Arzneimittels erheblich hรถher gewichtete. Im Laufe der Therapie verblasste diese Sorge jedoch von Monat zu Monat. Hermanns โFramingโ รคnderte sich von Hoffnung auf Sorge, von Wirkung auf Schaden in Bezug auf das Arzneimittel. Das Verhรคltnis der Einschรคtzung von mรถglichem Gewinn zu drohendem Verlust verรคnderte sich. Als sich der erwartete Gewinn (Nutzen) und der mรถgliche Verlust (Schaden) nur noch die Waage hielten (der erwartete Gewinn nicht mehr doppelt so hoch, wie der drohende Verlust war), setzte Hermann das Arzneimittel ab.
Quellen:
[1] Statista Consumer Insigts (Basis 1.000+ Befragte zwischen 18 und 80 Jahren, November 2023)
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Initiative DIE GUTE PATIENTENENTSCHEIDUNG
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