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Bei Risiken und Nebenwirkungen? Vermeiden Sie voreilige Entscheidungen!
Ein Motiv der Serie „Starke Impulse fรผr gute Patientenentscheidungen“.
420 von 1.000 befragten Deutschen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren versuchen โArzneimittel immer zu vermeidenโ (Quelle Statista Consumer Insights 2023). Nur in Frankreich sind es mehr (45%); in den USA oder Groรbritannien liegt der Anteil bei 28%.
Diese skeptische Grundhaltung gegenรผber Arzneimitteln zeigt sich auch daran, dass zahlreiche Patienten die Arzneimittel, die รrzte ihnen verschreiben, nicht konsequent oder gar nicht einnehmen. Das hat nicht nur Folgen fรผr die betroffenen Patienten, sondern auch fรผr die Gesellschaft. Bei den betroffenen Patienten fรผhrt das Problem z. B. zu vermehrten Komplikationen und Krankenhauseinweisungen oder zu einer lรคngeren Krankheitsdauer. Fรผr die Gesellschaft bedeutet das jรคhrlich Kosten in Milliardenhรถhe, die wir alle mit unseren Krankenkassenbeitrรคgen finanzieren.
Einer der Grรผnde fรผr die skeptische Haltung gegenรผber Arzneimitteln mag daran liegen, dass Sie in den sozialen Medien viele Stimmen hรถren, die mit den unterschiedlichsten Argumenten gegen Arzneimittel wettern. Aber sind die Rรผckschlรผsse richtig, die Sie daraus fรผr Ihr eigenes Verhalten ziehen? Und ist der Rรผckschluss richtig, dass Sie sicher nicht zu den Patienten gehรถren, die durch die Nicht-Einnahme eines verschriebenen Medikamentes Komplikationen zu befรผrchten hat?
Ritas Geschichte ist ein typisches Beispiel dafรผr, wie diese Grundhaltung zu einer Entscheidung fรผhren kann, die das Erreichen von gesundheitlichen Zielen verhindert. Wenn man genauer hinschaut, ist es eher die Geschichte von Erwin, Ritas Ehemann.

Wenn Sie Ihre Entscheidung analysieren lassen wollen, schicken mir gerne gerne eine E-Mail. Ich nehme Kontakt mit Ihnen auf.
Erwins Entscheidung
Erwins Ehefrau Rita, 36 Jahre alt, wurde wegen Angststรถrungen und Panikattacken in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Dort wurde sie auf das Medikament Tavor eingestellt. Als Erwin sie zum ersten Mal besuchte, erzรคhlt sie ihm, dass ihre Panikattacken unter dem Medikament nachgelassen haben. Am nรคchsten Tag kam Erwin wieder und bat sie dringend, das Medikament nicht weiter einzunehmen. Rita folgte der Empfehlung ihres Ehemannes, lieร ihre รrzte jedoch in dem Glauben, dass sie Tavor weiterhin nimmt. Rita war insgesamt 3 Monate in der Klinik, viel lรคnger als die meisten anderen Patienten.
In der Klinik sah Erwin das Poster โBei Risiken und Nebenwirkungen? Vermeiden Sie voreilige Entscheidungen.โ und rief mich an. Es war die erste Reaktion รผberhaupt, die ich auf meine Poster erhielt. Sie unterschied sich zum Glรผck vรถllig von den spรคteren Reaktionen, denn Erwin lies kein gutes Haar an mir und meiner Idee. Dennoch war Erwin zu einem Treffen bereit. Auch Rita war dabei.

Erwins Geschichte*
Nachdem mir meine Frau sagte, die รrzte der Klinik hรคtten ihr Tavor gegeben, gingen bei mir sรคmtliche Alarmglocken an. Ich bin sofort nach Hause und habe recherchiert. Meine Vermutung hat sich schnell bestรคtigt, Tavor ist Teufelszeug. Wie kรถnnen รrzte ihren Patienten so etwas antun. Nach allem, was meine Frau durchgemacht hat, konnte ich nicht zulassen, dass sie nun auch noch von Medikamenten abhรคngig gemacht wird*.
* Mit dem Begriff „Geschichte“ fasse ich zusammen, wie ein Interviewpartner seine Entscheidung begrรผndet. Warum das fรผr die Analyse der Entscheidung wichtig ist, wie die Geschichte entsteht und wie aus einer Geschicht eine Entscheidung wird, erfahren Sie hier ->.
Tavor zรคhlt den sogenannten Benzodiazepinen. Benzodiazepine sind die Mittel der Wahl zur kurzdauernde Behandlung fรผr die von Angstzustรคnden und Panikattacken. Bei lรคnger er Anwendung besteht ein erhรถhtes Suchtrisiko. Ritas รrzte haben das Medikament nach 14 Tagen Schritt fรผr Schritt abgesetzt.
Wie die Wahrnehmung von Risiken unsere Urteile beeinflusst.
Der amerikanische Psychologe Paul Slovic gilt als einer der fรผhrenden Forscher auf dem Gebiet der Risikowahrnehmung. In einer seiner wichtigsten Studien bat er Probanden, ihre emotionale Grundeinstellung zu risikobehafteten Themen zu รคuรern, etwa zu den Themen โKonservierungsmittel in Lebensmittelnโ oder โdie Arbeit von Chemiefabrikenโ. Menschen, die eine negative Grundeinstellung zu einer Technologie hatten, listeten mehr Risiko- als Nutzenaspekte auf, und umgekehrt [1].
Interessanter ist das Ergebnis des zweiten Teils der Studie. Wรคhrend den Probanden im ersten Teil einfach nur die Technologien genannt wurden, wurden sie im zweiten Teil mit Kommentaren versehen: Betonung des hohen Nutzens, bzw. des geringen Risikos (Gruppe 1), Betonung des hohen Risikos, bzw. des geringen Nutzens (Gruppe 2). Erwartungsgemรคร beeinflussten beide Konzepte die Bewertung der Technologien. Die verstรคrkte Betonung der Risiken dazu fรผhrte, dass nicht nur das Risiko รผberproportional hoch, sondern auch der Nutzen entsprechend gering bewertet wurde.

Wie sieht die Risikowahrnehmung bei Arzneimitteln aus?
Erwins lieร bei unserem Treffen keinen Zweifel daran, dass fรผr ihn auch die Anwendung von Arzneimitteln ein risikobehaftetes Thema ist. Wenn man die nachfolgende Grafik anschaut, liegt die Vermutung nahe, dass ein groรer Teil der Mitteleuropรคer das รคhnlich sieht.
Eine der Kernaussagen aus Slovics Studie war, dass die Betonung von Nutzen oder Risiko die Bewertung risikobehafteter Themen beeinflusst. Wenn man die Ergebnisse der Befragung aus der Perspektive von Slovics Studie betrachtet, drรคngt sich die Frage auf, ob in den Lรคndern, wo die Menschen besonders kritisch gegenรผber Arzneimitteln sind, die Betonung der Risiken von Arzneimitteln lauter und stรคrker ist als die Betonung des Nutzens. Zumindest in Deutschland werden die Verbraucher nur bei Zigaretten mehr auf das Thema โRisikoโ konditioniert als bei Arzneimitteln. Jede Arzneimittel Werbung endet mit dem โZu Risiken und Nebenwirkungen …โ.
In der Grafik werden die Begriffe โAdhรคrenzโ, bzw. โNon-Adhรคrenzโ verwendet. Adhรคrenz beschreibt, in welchem Umfang ein Patient die mit dem Arzt vereinbarten Therapiemaรnahmen umsetzt. Die genaue Definition laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) lautet: Das Ausmaร, in dem das Verhalten einer Person, Medikamente einzunehmen, eine Diรคt einzuhalten und/oder รnderungen des Lebensstils durchzufรผhren mit den vom Patienten akzeptierten Empfehlungen des Gesundheitsdienstleisters รผbereinstimmt.

In der Grafik werden die Begriffe โAdhรคrenzโ, bzw. โNon-Adhรคrenzโ verwendet. Adhรคrenz beschreibt, in welchem Umfang ein Patient die mit dem Arzt vereinbarten Therapiemaรnahmen umsetzt. Die genaue Definition laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) lautet: Das Ausmaร, in dem das Verhalten einer Person Medikamente einzunehmen, eine Diรคt einzuhalten und/oder รnderungen des Lebensstils durchzufรผhren mit den vom Patienten akzeptierten Empfehlungen des Gesundheitsdienstleisters รผbereinstimmt.
Sicherlich รคndert sich die Einstellung eines Befragten, wenn er zum Patienten wird. Dennoch liegt die Vermutung nahe, dass diese negative Grundhaltung gegenรผber Arzneimitteln auch dazu beitrรคgt, dass Menschen die vom Arzt verschriebenen Arzneimittel nicht einnehmen oder eigenmรคchtig wieder absetzen. Es gibt allerdings keine verlรคsslichen Daten รผber die Adhรคrenzquoten in den einzelnen Lรคndern, insofern ist diese Vermutung reine Spekulation.
Fรผr Herzinfarktpatienten konnte z. B. gezeigt werden, dass innerhalb von bis zu vier Monaten nach dem Infarkt nur etwa zwei Drittel bis drei Viertel der Patienten ihr Rezept einlรถsen, mit rรผcklรคufiger Tendenz im weiteren Zeitverlauf [2]. รhnliche Beobachtungen gibt es bei der Herzinsuffizienz. Unter Patienten, die zumindest zwei Rezepte nach der Erstverschreibung eingelรถst haben, sind nach einem Jahr nur noch zwei Drittel in der Therapie; nach zwei Jahren ist es nur noch ein Drittel [3]. Fรผr Glaukompatienten (die Erkrankung kann zum Verlust der Sehkraft fรผhren, wenn sie unbehandelt bleibt) konnte gezeigt werden, dass viele Patienten ihre Augentropfen jeweils nur kurz vor dem Arzttermin einnehmen. Die Non-Adhรคrenzquote (die Quote der Patienten, die das Arzneimittel nicht oder nicht regelmรครig einnehmen) bei dieser Studie lag bei 30,3% [4]
Die Analyse von Erwins Entscheidung.

Bei unserem Treffen habe ich Erwin gebeten, seinen Namen in das entsprechende Feld auf der Karte „Wie stehen Sie zu Arzneimitteln“ zu schreiben. Ohne zu zรถgern trug er seinen Namen in Feld 1 und รผbernahm die Aufgabe fรผr Rita gleich mit. Diese Idee ist durch die Studie von Slovic inspiriert, die zeigt, dass die Grundeinstellung zu einem Thema die Risikowahrnehmung beeinflusst. Die Visualisierung dieser Grundeinstellung ist eine wichtige Basis fรผr solche Gesprรคche. Entsprechend der Positionierung von Rita auf der Karte, klang ihre Geschichte ganz anders:
Entsprechend der Positionierung von Rita auf der Karte, klang ihre Geschichte ganz anders:

Ich litt unter schweren Panikattacken. Die รrzte gaben mir Tavor, und es ging mir schnell besser. Mein Mann war auรer sich, nachdem er Tavor googelte und bat mich dringend, das Medikament nicht weiter einzunehmen. Ich habe Tavor natรผrlich auch gegoogelt. Klar, Tavor hat ein hohes Abhรคngigkeitspotenzial, wenn man fahrlรคssig damit umgeht. Aber man muss doch auch sehen, welche Wirkung das Medikament hat. Mir ging es schon drei Tage, nachdem ich mit der Therapie begonnen habe, wesentlich besser. Aber das lieร mein Mann nicht gelten. Er meinte, Tavor sei Teufelszeug und รrzte seien nichts als Handlanger der Pharmaindustrie. Letztendlich habe ich nachgegeben und Tavor nicht mehr eingenommen. Meine Panikattacken nahmen wieder zu und wurden wieder schlimmer. Die รrzte erhรถhten daraufhin die Dosis. Sie wussten ja nicht, dass ich das Medikament im Klo entsorgte. Nach einer Woche setzten sie Tavor ab.
Die entscheidende Frage bei der Analyse der Entscheidung ist, warum Rita und Erwin bei ihren Recherchen zu vรถllig unterschiedlichen Urteilen kamen. Die Entscheidungswissenschaften geben darauf eine einfache Antwort. Der Grund dafรผr ist die Selbstbestรคtigungsfalle. Die Selbstbestรคtigungsfalle ist ein Phรคnomen, dass zur Gruppe der systematischen Fehler beim Wahrnehmen, Urteilen und Erinnern gehรถrt. Innerhalb dieser Gruppe gehรถrt sie zur Kategorie โkognitive Leichtigkeitโ. Mehr dazu erfahren Sie im Rahmen von Renates Entscheidung.
Die Karte rechts ist ein Element das Kartensatzes โGute Karten fรผr bessere Patientenentscheidungenโ. Jede Karte beschreibt einen systematischen Fehler beim Wahrnehmen, Urteilen und Erinnern. Auf der Rรผckseite jeder Karte befindet sich ein Tipp, wie man ihn erkennen und wie man verhindern kann, dass er zu falschen Urteilen und Entscheidungen fรผhrt. Sie finden den Kartensatz im Onlineshop.

Wir tappen in diese Falle vor allem, wenn Emotionen im Spiel sind. In solchen Fรคllen wollen wir einfach recht behalten und auf unserem Standpunkt bleiben, auch wenn die Fakten dagegen sprechen. Der Schritt in die Falle begann bei Erwin schon mit der Fragestellung. Anders als Rita, die einfach den Suchbegriff โTavorโ in Google eingab, hat Erwin nach โTavor Risikenโ gegoogelt.
Wenn man nur Tavor als Suchbegriff eingibt, bekommt man relativ neutrale Informationen, wobei der Hinweis auf das Suchtpotenzial durchaus prominent erscheint. Ganz anders ist das Ergebnis, wenn man nach Tavor in Verbindung mit dem Begriff โRisikenโ sucht. So fand Erwin aufgrund seiner negativen Grundeinstellung gegenรผber Arzneimitteln genรผgend Argumente, um seiner Frau gegenรผber entsprechend auftreten zu kรถnnen.

โDas ist Beihilfe zur Sucht.โ
„Das ist Beihilfe zur Sucht“ war die รberschrift eines Artikels im โSpiegelโ รผber Tavor aus dem Jahr 2009. Der Artikel startet mit der Beschreibung einer Situation, in der eine รrztin einem Studenten eine Groรpackung Tavor zur Linderung seiner Prรผfungsstresssymptome verordnet, nicht ohne den Warnhinweis, โTavor kรถnne Leben zerstรถrenโ. Der Artikel beschreibt, wie der Student in die Sucht hineinglitt und letztendlich ohne fremde Hilfe nicht mehr lebensfรคhig war. Ein anderer Artikel des gleichen Magazins bejubelte Tavor Jahre zuvor mit der Schlagzeile โTavor entzieht der Angst den Bodenโ. Anfangs von der Presse hochgelobt, setzen sich seit Ende der 90er Jahre die meisten Berichte รคuรerst kritisch mit dem Medikament auseinander. Der jรผngste Artikel, man dazu in der groรen Publikumspresse finden kann, wurde vom โSternโ im Jahr 2017 verรถffentlicht (โPille Palle โ warum Beruhigungsmittel gefรคhrlicher sind als Heroinโ).
Das Problem der verdeckten Non-Adhรคrenz.
Es gibt zwei Hauptgrรผnde, warum Patienten das vom Arzt verschriebene Arzneimittel nicht einnehmen oder absetzen. Der eine ist, sie haben Schwierigkeiten mit der Einnahme, wie es z. B bei Augentropfen vorkommen kann. Oder sie vergessen das Arzneimittel immer wieder. In solchen Fรคllen sprechen Experten von der โnichtintentionalen Non-Adhรคrenzโ.
Ritas Fall reprรคsentiert den anderen Hauptgrund: Die Patienten treffen die Entscheidung, das Arzneimittel abzusetzen, weil sie selbst oder ein wichtiger Influencer der รberzeugung ist, dass es ihnen nicht hilft oder gar schadet.
Neben der intentionalen und der nicht-intentionalen Adhรคrenz gibt es noch ein weiteres wichtiges Merkmal. Rita hat ihre รrzte in dem Glauben gelassen, sie wรผrde Tavor weiterhin einnehmen. Experten sprechen in solchen Fรคllen von der โverdeckten intentionalen Non-Adhรคrenzโ. Die Abbildung zeigt drei Szenarien, wie sich Patienten mit Problemen bei der Einnahme von Arzneimitteln verhalten kรถnnen.

Problematisch ist vor allem, wenn Patienten ihr Problem verschweigen oder ihre รrzte sogar tรคuschen, wie es bei Rita der Fall war. Ist die Non-Adhรคrenz unbeabsichtigt (Szenario 3) vergeben die Patienten die Chance, dass ihr Arzt ihnen eine Lรถsung des Problems anbieten kann. Szenario fรผhrt jedoch in vielen Fรคllen zu einer falschen Beurteilung der aktuellen Therapie durch den Arzt. Mรถglicherweise war das einer der Grรผnde fรผr Ritas รผberdurchschnittlich langen Klinikaufenthalt.
Das Problem der Selbstรผberschรคtzung
Im Zusammenhang mit Erwins Entscheidung habe ich die Selbstbestรคtigungsfalle erwรคhnt. Sie gehรถrt zu einer Gruppe von gut erforschten systematischen Fehlern beim Erinnern, Wahrnehmen und Entscheiden (Urteilsfehler). Abschlieรend zu dem Poster โBei Risiken und Nebenwirkungen? Vermeiden Sie voreilige Entscheidungen!โ will ich noch auf einen zweiten Urteilsfehler eingehen, der bei Patienten weit verbreitet ist.ย
Der optimistischen Verzerrung gehรถrt zur Kategorie โFalsch Selbsteinschรคtzung“ (mehr dazu finden Sie im Rahmen von Renates Entscheidung). Wir begegnen ihr in nahezu allen Lebensbereichen. So รผberschรคtzen etwa 80% der Menschen ihre Lebenserwartung, ihre Einkommensentwicklung, die Dauer ihrer Ehe und noch vieles mehr, gemessen an den statistischen Wahrscheinlichkeiten. Gleichzeitig unterschรคtzen sie ihr Risiko, krank, arbeitslos etc. zu werden.ย

Folgt man der Neurowissenschaftlerin Tali Sharot, scheint der Hang zur optimistischen Verzerrung angeboren zu sein und ein Leben lang zu halten, auch wenn die Lebenserfahrung dagegenspricht. Dazu passt auch die Erkenntnis, dass Menschen ihre Prognosen nur bedingt anpassen. Wer sein Krebsrisiko รผberschรคtzt hat, korrigiert es nach unten, wenn man ihm die Statistik zeigt. Wer es unterschรคtzt hat, bleibt eher bei seiner Einschรคtzung [5].
Der Grat zwischen Optimismus und Optimistischer Verzerrung ist schmal. Optimismus ist eine starke Kraft in unserem Leben, die uns viele Tรผren รถffnet. Einer der wichtigsten Vorteile einer optimistischen Grundeinstellung ist, dass Optimismus Beharrlichkeit fรถrdert. Wenn der Optimismus im Hinblick auf die Erreichung eines Ziels allerdings auf einer verzerrten Wahrnehmung, bzw. auf einem Urteilsfehler basiert, dann wird manche der positiven Eigenschaften, die ein Optimist mitbringt, zum Glatteis. Insbesondere die Beharrlichkeit kann unter Umstรคnden sehr kostspielig werden.
Bestรคtigt wird diese These z. B. durch eine Studie des รkonomen Thomas ร stebro [6]. Er hat die Daten einer kanadischen Organisation ausgewertet, die die Chancen von Erfindungen beurteilt. Beurteilungen, die unmissverstรคndlich ein Scheitern der Idee prognostizieren, bringen etwa die Hรคlfte der Erfinder zum Aufgeben ihrer Idee. Die andere Hรคlfte macht beharrlich weiter und verdoppelt am Ende ihre anfรคnglichen Verluste. Im Studienzeitraum wurden nur 5 von 411 dieser sehr negativ beurteilten Projekte kommerzialisiert, und keines davon war erfolgreich.
Wenn ich Patienten, die die Entscheidung getroffen haben, das vom Arzt verschriebene Medikament nicht einzunehmen, mit der Aussage konfrontiere, dass solche Entscheidungen nachgewiesenermaรen das Risiko von Komplikationen und Krankenhauseinweisungen vergrรถรert, vertreten die meisten zwar die Meinung, das kรถnne schon sein, bei sich selbst jedoch erwarten sie solche Konsequenzen nicht.ย
Quellen:
[1] Slovic, P., Finucane, M., Peters, E. MacGregor, D.: โRisk as analysis and risk as feelings: some thoughts about affect, reason, risk, and rationalityโ, Risk analysis: An official publication of the Society for Risk Analysisย
[2] Jackevicius CA et al.: Prevalence, predictors, and outcomes of primary nonadherence after acute myocardial infarction. Circulation 2008; 117(8): 1028-36
[3] Rasmussen AA et al.: Patient-reported outcomes and medication adherence in patients with heart failure. Eur Heart J Cardiovasc Pharmacother 2021; 7(4): 287-95
[4] Gurwitz JH, Glynn RJ, Monane M, Everitt DE, Gilden D, Smith N, Avorn J. Treatment for glaucoma: adherence by the elderly. Am J Public Health. 1993 May;83(5):711-6. doi: 10.2105/ajph.83.5.711. PMID: 8484454; PMCID: PMC1694682.
[5] Sharot, T., Riccardi, A., Raio, C., Phelps, E.: โNeural mechanisms mediating optimism bias.โ, Nature
[6] Thomas ร
stebro, โThe Return to Independent Invention: Evidence of Unrealistic Optimism, Risk Seeking or Skewness Loving?โ, Economic Journal 113 (2003): S. 226 – 239.
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