Ihre Therapie ist ein
Marathon? Dann sollten Sie den Unterlassungseffekt kennen.
Ein Motiv der Serie „Starke Impulse für gute Patientenentscheidungen“.
Der Text unter dem Motiv:
Vor einem Marathon gehen einem eine ganze Menge Gedanken durch den Kopf. Am hartnäckigsten sind diejenigen, die sagen: Tu es nicht! In solchen Momenten denke ich an den Unterlassungseffekt. Diese psychologische Phänomen wirkt immer dann auf uns ein, wenn wir vor der Entscheidung stehen, etwas zu tun oder es zu unterlassen. Typisch für den Effekt ist, dass er unser Gehirn denken lässt, das Risiko „es“ zu unterlassen, sei kleiner, als das Risiko „es“ zu tun (den Marathon zu laufen). Das Risiko des Tuns ist z. B. Erschöpfung oder eine Verletzung. Das Risiko der Unterlassung ist, dass ich mich total ärgere, weil ich mich um das Erfolgserlebnis gebracht habe.
Auch während des Rennens kommen immer wieder Gedanken, die mir das Aufgeben nahelegen. Sie sind verlockend, weil sie sich gut anfühlen. Auch dann denke ich an den Unterlassungseffekt. Das Wissen um diesen Verführer hilft mir, die Zähne zusammenzubeißen und mich auf das unbeschreibliche Gefühl beim Überqueren der Ziellinie zu freuen.
Viele Therapien ähneln einem Marathon, und für manchen Patienten ist es verlockend, die Therapie zu unterlassen oder mitten im Marathon auszusteigen.

Der Unterlassungseffekt
Der Unterlassungseffekt gehört zu einer Gruppe systematischer Fehler beim Denken, Wahrnehmen, Urteilen und Erinnern. Mehr über Urteilsfehler finden Sie hier ->. Nachfolgend erfahren Sie, wie der Unterlassungseffekt zu falschen Patientenentscheidungen führt und wie man das verhindern kann.

Viele Menschen fühlen sich sicherer, wenn sie nichts tun, statt aktiv eine Entscheidung zu treffen. Das nennt man den Unterlassungseffekt. Dabei wird das Risiko durch Untätigkeit unterschätzt – und das Risiko durch aktives Handeln überschätzt.
Ein Beispiel:
Sie überlegen, ob Sie sich gegen eine bestimmte Krankheit impfen lassen sollen. Sie wissen: Die Impfung kann in seltenen Fällen Nebenwirkungen haben. Aber: Wenn Sie nichts tun und erkranken, erscheint das weniger schlimm – obwohl das Risiko oft viel größer ist.
Warum ist das so? Wir haben das Gefühl, dass Tun mehr Verantwortung bedeutet als Nichtstun. Fehler durch aktives Handeln fühlen sich schlimmer an als durch Unterlassen. Dabei kann beides Folgen haben – auch Nicht-Handeln ist eine Entscheidung.
Was heißt das für Ihre Gesundheit? Wenn Sie eine Entscheidung treffen – etwa zur Impfung, zur Therapie oder zur Vorsorgeuntersuchung –, überlegen Sie bitte: Was passiert, wenn ich nichts tue? Ist die Angst vor dem Tun wirklich berechtigt – oder nur ein Reflex? Manchmal ist „nichts tun“ riskanter als handeln. Gute Entscheidungen entstehen, wenn man alle Möglichkeiten ehrlich vergleicht – nicht nur die aktiven.
In Kürze stellen wir hier die Geschichte von Jürgen vor. Jürgen hat mich kontaktiert, nachdem er das oben gezeigte Poster in der Praxis seines Arztes gesehen hat. Er leidet an einer starken Pollenallergie und hat eine eine spezifische Immuntherapie (Desensibilisierung) begonnen, die langfristig die Allergie deutlich lindern oder sogar beseitigen kann. Er wollte die Therapie abbrechen.